18. Lebensjahr - Das Grau im Farbspektrum
Ich habe das 18. Lebensjahr tatsächlich erreicht. Wenn ich zurückblicke, was alles im vergangenen Jahr passiert ist, wie viele Operationen ich nicht nur körperlich durchgemacht, sondern auch seelisch erlitten habe: Wie eine halbe Chemotherapie, welche direkt in meinen Oberkörper floss statt in die Vene; wie oft die Portkatheter ausgewechselt wurden, weil sie entweder verstopft oder infiziert waren; wie eine ganze Station fast hochinfektiösen Schokoladenpudding mit Sahne gegessen hat oder wie ich in einem Zweibettzimmer die flehenden Rufe eines Mitpatienten der nicht mehr leben wollte, versuchte zu ignorieren und wie ich mich gedanklich darauf vorbereitete, in einem anderen Bundesland, um mein Leben zu kämpfen.
Denn in meinem jetzigen Krankenhaus gingen allmählich die Behandlungsmöglichkeiten aus. Dies war jedoch der Sache selbst geschuldet, dass es hier keine Möglichkeit gab, Patienten in diesem Umfang zu behandeln. Denn neben einer Chemotherapie sollte meine Behandlung um eine Ganzkörperbestrahlung sowie eine Transplantation erweitert werden.
Möglichkeiten, die meinem Körper Tribut abforderten, in Form meiner Haare, meiner Haut sowie meiner Zähne und auch meine Seele verzehrten.
Denn die intensive Ganzkörperbestrahlung verursachte multiple und irreparable Schäden an meinem gesamten Körper. Angefangen bei meiner Haut, welche bis zum heutigen Tag keine Nährstoffe speichern kann und deswegen permanent so aussieht, als sei sie verbrannt bis zu den Zähnen, welche vollständig saniert werden mussten, da die Strahlung den Zahnschmelz vollständig zersetzt hat und viele weitere und noch schlimmere Begleiterscheinungen, welche weder ins Internet gehören noch gesellschaftlich in irgendeiner Form positiv auffallen würden.
Wenn das Leben mir nicht schon jetzt deutlich gezeigt hat, was es von mir hält, kann es ja nur noch schlimmer werden. Wie man das alles durchstehen kann? Mit der verbleibenden jugendlichen Naivität und der Unterstützung einer liebenden Mutter. Denn mein Körper war jetzt nicht nur schwach und von den Therapien gezeichnet, sondern auch bereit für diese eine Transplantation.
Mit einem Helikopter aus Hessen kommend, wurde ein kleiner, unscheinbarer Beutel gefüllt mit Stammzellen geliefert. Nach einer kurzen Prüfung wurde dieser dann an meinem Port-System angeschlossen und mein Leben sollte sich doch nun in eine andere Richtung entwickeln - sollte es?