Willkommen auf meinem Selbstporträt oder sollte ich sagen "Zutatenliste"?
Wer auf dieser Seite angekommen ist, der möchte wahrscheinlich etwas mehr von der Person erfahren, welche hinter dem Namen ApfailKuchen steckt.
Hier bloggt noch ein Mensch mit Herz und Blut und keine Ai, welche auf den letzten Prozent der Wirksamkeit einen Text zusammenwürfelt, um die maximale Effizienz beim Leser zu entfalten. Lasst uns zu dem Teil in meinem Leben springen, ab dem mein Leben irgendwo falsch abgebogen ist und wie es mich verändert hat bis zum heutigen Tag.
Dieses Selbstporträt behandelt ernste Themen wie schwere Erkrankungen, physische und psychische Belastungen sowie den Tod. Die beschriebenen Szenen könnten für manche Leserinnen und Leser verstörend sein. Personen, die bei solchen Themen empfindlich sind oder sich getriggert fühlen könnten, sollten möglicherweise in Betracht ziehen einen anderen Artikel des Blogs lesen. |
17 Jahre - voller Sturm und Drang
So langsam wird es im Leben ernst, doch um ein solides Leben zu schaffen, müssen Grundlagen in Form einer Ausbildung gelegt werden.
Diese habe ich begonnen, kurz in die Luft geschaut, die Augen geschlossen und kaum habe ich die Augen wieder aufgemacht, bin ich in einem Krankenhausbett erwacht. Was wie ein schlechter Schnitt beim Film wirkt, ist tatsächlich die Realität und diese sollte sich nicht als mein Freund herausstellen.
Doch was ist passiert? Während ich frisch in meine Ausbildung kam, spürte ich, wenige Tage später, das etwas nicht stimmt. Ich wurde immer müder und schwächer, bis eines Tages unerklärliches Fieber einsetzte. Dieses Fieber ging auch nicht fort, sodass man einen Notarzt zur Hilfe rief, der nicht lang überlegte und einen Krankenwagen anforderte, der mich dann ins Krankenhaus brachte.
Es sollte nicht einmal 12 Stunden dauern, bis ich eine Diagnose bekam, die mein Leben stärker verändern sollte, als ich es je für möglich gehalten hätte.
Mit dem Wissen vom heutigen Tage, hätte ich die Vorzeichen bemerken müssen, vor allem das einige Diagnosen nur dann offenbart werden, wenn die Erziehungsberechtigen dabei sind. Doch diese Tragweite war mir dort noch nicht bewusst und so verharrte ich im jugendlichen Leichtsinn bei dem Gedanken, dass möglicherweise ein neuartiges Bakterium entdeckt wurde.
Geprägt durch die 2020er Jahre könnte man nun meinen, der folgende Absatz könnte über das Corona-Virus stammen (auch diesem habe ich die Hand geschüttelt), doch geht es noch tiefer ins Blut oder sollte ich besser sagen ins Knochenmark?
Wer jemanden kennt, dem dies ebenso ergangen ist, der wird diese Anspielung verstehen. Denn die gestellte Diagnose in diesem frühen Lebensjahr war nicht weniger als eine akute lymphatische Leukämie (Blutkrebs). Jackpot.
Doch Zeit über diese Diagnose nachzudenken, war nicht gegeben, weder mir selbst noch meiner Mutter. Meine Krankenakte wurde durch den Arzt aufs Bett geworfen und schon ging es hinauf zur onkologischen Station. Hier verbrachte ich fast ein ganzes Lebensjahr.
Dieses Jahr war gefüllt mit zahlreichen Operationen, die einen erfolgreich und die anderen eher missglückt, als auch Chemotherapien, welche meinen Körper vergifteten.
18. Lebensjahr - Das Grau im Farbspektrum
Ich habe das 18. Lebensjahr tatsächlich erreicht. Wenn ich zurückblicke, was alles im vergangenen Jahr passiert ist, wie viele Operationen ich nicht nur körperlich durchgemacht, sondern auch seelisch erlitten habe: Wie eine halbe Chemotherapie, welche direkt in meinen Oberkörper floss statt in die Vene; wie oft die Portkatheter ausgewechselt wurden, weil sie entweder verstopft oder infiziert waren; wie eine ganze Station fast hochinfektiösen Schokoladenpudding mit Sahne gegessen hat oder wie ich in einem Zweibettzimmer die flehenden Rufe eines Mitpatienten der nicht mehr leben wollte, versuchte zu ignorieren und wie ich mich gedanklich darauf vorbereitete, in einem anderen Bundesland, um mein Leben zu kämpfen.
Denn in meinem jetzigen Krankenhaus gingen allmählich die Behandlungsmöglichkeiten aus. Dies war jedoch der Sache selbst geschuldet, dass es hier keine Möglichkeit gab, Patienten in diesem Umfang zu behandeln. Denn neben einer Chemotherapie sollte meine Behandlung um eine Ganzkörperbestrahlung sowie eine Transplantation erweitert werden.
Möglichkeiten, die meinem Körper Tribut abforderten, in Form meiner Haare, meiner Haut sowie meiner Zähne und auch meine Seele verzehrten.
Denn die intensive Ganzkörperbestrahlung verursachte multiple und irreparable Schäden an meinem gesamten Körper. Angefangen bei meiner Haut, welche bis zum heutigen Tag keine Nährstoffe speichern kann und deswegen permanent so aussieht, als sei sie verbrannt bis zu den Zähnen, welche vollständig saniert werden mussten, da die Strahlung den Zahnschmelz vollständig zersetzt hat und viele weitere und noch schlimmere Begleiterscheinungen, welche weder ins Internet gehören noch gesellschaftlich in irgendeiner Form positiv auffallen würden.
Wenn das Leben mir nicht schon jetzt deutlich gezeigt hat, was es von mir hält, kann es ja nur noch schlimmer werden. Wie man das alles durchstehen kann? Mit der verbleibenden jugendlichen Naivität und der Unterstützung einer liebenden Mutter. Denn mein Körper war jetzt nicht nur schwach und von den Therapien gezeichnet, sondern auch bereit für diese eine Transplantation.
Mit einem Helikopter aus Hessen kommend, wurde ein kleiner, unscheinbarer Beutel gefüllt mit Stammzellen geliefert. Nach einer kurzen Prüfung wurde dieser dann an meinem Port-System angeschlossen und mein Leben sollte sich doch nun in eine andere Richtung entwickeln - sollte es?
Vor der Krankheit ist nach der Krankheit
Es wäre zu einfach, wenn es zu einfach wäre, und deswegen kommt es immer anders, als man denkt. Die Therapie hat noch immer deutliche Spuren hinterlassen. Meine Muskeln haben sich fast vollständig abgebaut. Ich liege seit über 100 Tagen nun im Krankenhaus und habe obendrein noch eine Gehirnentzündung durch die Transplantation erhalten.
Es gibt keinen Kontakt zu meinen Freunden. Seit über 100 Tagen rieche ich nur Desinfektionsmittel und mehrfach gefilterte Luft. Ich bin zu schwach zum Leben und schlafe bis zu 15 Stunden am Tag. Wenn jemand behauptet, er wüsste, was Einsamkeit ist, dem muss ich sagen, dass er wahrscheinlich keine Ahnung hat, was Einsamkeit wirklich bedeutet.
Denn Einsamkeit ist nicht nur der sozial-gesellschaftliche Aspekt des Lebens, sondern eben auch die Einsamkeit, wenn die Seele keine anderen Empfindungen mehr wahrnehmen kann. Wenn man Tag ein und Tag aus nur noch in die Leere des eigenen Zimmers blickt und kahle Wände einen hämisch angrinsen. Wenn innerhalb eines Gebäudekomplexes kaum Sonnenschein auf deine Augen trifft, sondern nur Lampen Tageslicht produzieren und man die meiste Zeit irgendwelche Geräusche von Maschinen hört, die verzweifelt versuchen dich mit zig Medikamenten am Leben zu erhalten. Mein Freund, das ist wahre Einsamkeit.
Der Kampf der nicht aufhört
Viele Jahre und noch mehr Tage sind ins Land gegangen. Mein Körper ist übersät von Narben, die beeindruckendste ist die am Oberschenkel mit einer Gesamtlänge von 13 Zentimetern. Nach der Leukämie fand hier ein malignes Melanom ein Zuhause (auf Zeit). Seit dem wurde ich insgesamt fünf Mal vom Krebs besucht.
Noch immer plagen mich von den Operationen sowie unzähligen Behandlung diverse Nebenwirkungen, welche ein normales Leben absolut unmöglich machen. Depressionen, welche mich am Leben verzweifeln lassen, Funktionsstörungen, welche mein Gangbild unsicher machen, eine Immunschwäche, welche mich Menschenmassen meiden lässt, Schlafstörungen, die meine Konzentration verschlingt und Medikamente, welche meinen Körper irreparable Schäden zufügten und unter anderem neue Krankheiten entstehen ließen.
Während dieser nicht enden wollender Reise voller Einschränkungen, Schmerzen, Medikamenten und Arztbesuchen - bis zum heutigen Tag - wurde ich 5 mal mit dem Krankenwagen als Notfall in Kliniken gebracht. Musste ich schmerzlich von 9 Freunden Abschied nehmen, welche ihren Kampf verloren haben.
Ja, der Krebs, mein Krebs ist besiegt und hinterließ trotz - oder wegen - der Therapie ein großes Trümmerfeld an Nebenerkrankungen. Niemanden wünsche ich in meinen Schuhen zu gehen, niemand muss mich verstehen. All diese Kämpfe haben mich so viel Energie gekostet, dass ich mich nicht weiter mit Menschen umgebe, welche meine Zeit nicht respektieren. Alles worum ich bitte, ist Anstand, Respekt und die Beachtung derer Belastungen, welche mich von anderen Menschen unterscheiden.
Widmung
Auch wenn dies ein Selbstporträt ist, und ich mir absolut sicher bin, dass diese keine Widmungen besitzen, so möchte ich dennoch auf diesem Weg, besonders dir, eine von den 9 Personen, welche ich verloren habe, gedenken.
Lieber Christopher,
deine Sichtweise auf das Leben und deine Meinung dazu, welche Priorität eine Beziehung während einer akuten Behandlung hat sowie dein ganzes Wesen, habe ich verinnerlicht und bis zum heutigen Tage nicht vergessen. Wenn eines Tages meine Zeit abgelaufen ist, sehen wir uns all die großen Festivals an, welche uns die Krankheit und der Tod genommen hat.